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Vertrag kommt von sich vertragen

Informationen zur Kündigung des öffentlich rechtlichen Vertrages zur Kindertagesbetreuung durch den Landkreis

Aus der Begründung des Kreistagbeschlusses:

"Im Zusammenhang mit der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen neuen Vergütungsrichtlinie für Tagespflegepersonen und der dritten Vertragsänderung hat die Stadt Zossen zunehmend gegen die o.g. vertraglichen Verpflichtungen verstoßen. So hat sich die Bürgermeisterin bis heute geweigert, für neue Betreuungsverhältnisse die entsprechenden Betreuungsverträge abzuschließen. Bis Dezember 2009 hat sie nur 90 Prozent der Vergütung an die Tagespflegepersonen weitergereicht. Seit Sommer 2009 ist die Bürgermeisterin der Stadt Zossen vom Landkreis Teltow-Fläming mehrmals schriftlich und in persönlichen Gesprächen aufgefordert worden, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Noch im November 2009 sagte die Bürgermeisterin eine vertragliche Regelung der Tagespflege ab Dezember 2009 zu. Auch an diese Zusage hat sie sich nicht gehalten, obwohl die dritte Vertragsänderung mit den von Frau Schreiber geforderten Zugeständnissen bei der Tagespflege von ihr unterzeichnet worden ist. Gemäß § 5 Abs. 2 des Vertrages kann der Landkreis den Vertrag dann ohne Einhaltung einer Frist außerordentlich kündigen, wenn die Stadt Zossen die ihr durch den Vertrag übertragenen Pflichten trotz schriftlicher Aufforderung zur vertragsgemäßen Aufgabendurchführung nicht erfüllt."
          (Vorlage: 4-0503/10-11, Kreistag Teltow-Fläming)

Gesetzliche Grundlagen
Zweites Gesetz zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches - Kinder- und Jugendhilfe
(Kindertagesstättengesetz- KitaG)

§ 12 Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebots
(1) "Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Aufgabe, die Kindertagesbetreuung nach § 1 zu gewährleisten. Kreisangehörige Gemeinden und Ämter können sich durch öffentlich-rechtlichen Vertrag verpflichten, in ihrem Gebiet die Aufgabe für den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe durchzuführen; die örtliche Trägerschaft der öffentlichen Jugendhilfe bleibt davon unberührt." Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist der Landkreis. In einem öffentlich rechtlichen Vertrag können sich kreisangehörige Gemeinden verpflichten in ihrem Gebiet die Aufgaben für den örtlichen Träger der Jugendhilfe zu übernehmen. "...die örtliche Trägerschaft der öffentlichen Jugendhilfe bleibt davon unberührt.", bedeutet, die Gesamtverantwortung bleibt nach wie vor beim Landkreis.

Vom örtlichen Träger der freien Jugendhilfe ist der Träger von Einrichtungen nach §14 KitaG zu unterscheiden. Träger von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung sind gemäß § 14 (1) KitaG Träger der freien Jugendhilfe, Gemeinden und Gemeindeverbände. Träger einer Einrichtung der Kindertagesbetreuung können auch sonstige Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts sowie Betriebe und andere private Einrichtungen sein.

Die Stadt Zossen hatte also einerseits bis zur Kündigung durch den öffentlich rechtlichen Vertrag mit dem Landkreis Aufgaben übernommen, die sonst der Landkreis zu erfüllen hätte*, andererseits ist die Stadt Zossen Träger von Einrichtungen nämlich aller Kindertagestätten in Zossen. Letzteres hat aber mit dem Inhalt des öffentlich rechtlichen Vertrages nichts zu tun.

Würde es in Zossen, wie in anderen Gemeinden, freie Träger wie DRK, Volksolidarität, AWO u.a. geben, wäre deren Trägerschaft als Träger der Einrichtung durch die Kündigung des öffentlich rechtlichen Vertrages mit der Gemeinde ebenfalls nicht in Frage gestellt. Dies trifft auch auf die Stadt Zossen als Träger der Einrichtungen zu.

Die Stadt Zossen hat sich im Rahmen der in Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz verankerten Allzuständigkeit der Gemeinde entschieden, die Leistungen der Kindertagsbetreuung selbst zu erbringen. Damit hat sie die aus dem KitaG ergebenen Aufgaben eines Trägers von Kindertagesstätten übernommen und muss diese auch nach der Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages weiter gewährleisten. Lediglich jene Aufgaben, die der örtliche Träger der Jugendhilfe übertragen hat, gehen bei einer Kündigung des öffentlich rechtlichen Vertrages wieder auf den Landkreis über. Es handelt sich dabei um jene Regelungen, die in § 1 Abs. 2 des öffentlich-rechtlichen Vertrages aufgeführt sind (1).

Als Träger aller Kindertagesstätten (§ 14 KitaG) bleibt die Stadt Arbeitgeber aller dort angestellten Erzieher und hat sowohl die Elternbeiträge als auch das Essengeld zu erheben (§ 17 Abs. 3 KitaG). Die vordringlichste Aufgabe des Landkreises ist neben der Finanzierung der Betreuungsangebote die Gewährleistung der Ansprüche auf Kinderbetreuung. Die Gewährleistung der Kinderbetreuung ist nicht identisch mit der Trägerschaft einer Einrichtung. Die Finanzierung der Betreuungsangebote in der Stadt Zossen ist durch die Vertragskündigung nicht in Frage gestellt, da dies ein gesetzlich gewährleisteter Rechtsanspruch ist.

Reaktion der Bürgermeisterin


Bereits am dritten Tag nach Erhalt der Kündigung lies die Bürgermeisterin in unverantwortlicher Weise (sie ist Juristin und hat außerdem noch einen Rechtsamt zur Seite) in der MAZ vom 30.01.2010. verkünden:

„Ich weiß nicht, ob sich Herr Giesecke über das Ausmaß der Konsequenzen im Klaren ist“, sagte Schreiber. Denn laut Kündigung wäre der Landkreis ab dem 1. Februar Arbeitgeber aller 122 KITA-Erzieherinnen und des gesamten technischen Personals. Sie würden dann ihr Geld nicht mehr von der Stadt Zossen, sondern vom Landkreis erhalten. Damit nicht genug. Laut Schreiber hätte der Landkreis dann auch die Kosten für die bauliche Unterhaltung der 14 KITA-Einrichtungen der Stadt sowie für Spiel- und Beschäftigungsmaterial zu tragen. Und auch die Finanzierung des von der Stadt für 2,3 Millionen Euro geplanten Baus der KITA in Wünsdorf müsste überdacht werden." (2)

Derartige Aussagen, obwohl die Bürgermeisterin es hätte besser wissen können und müssen, haben - verständlicher Weise - bei KITA-Leiterinnen, Erzieherinnen und Eltern zu Verunsicherungen geführt.
Personalfragen, Ausstattung der Einrichtungen, bauliche Unterhaltung sind Angelegenheiten des Trägers der Einrichtungen und müssen selbstverständlich den Qualitätsanforderungen aus dem KITA-Gesetz entsprechen. Während der Fortsetzungssitzung der SVV am 10.02.2010 bestätigte die Bürgermeisterin nochmals Ihre Aussage aus der MAZ vom 30.01.2010.

Die offensichtlich falsche Rechtsauffassung der Bürgermeisterin gestand auch der stellvertretende Bürgermeister und Rechtsamtsleiter der Stadt Zossen, Herr Raimund Kramer, in der Beratung des Ausschusses für Recht, Sicherheit und Ordnung am 01.03.2010 ein. Er teilte mit, dass es für Ihn ganz klar sei, dass die Trägerschaft der KITAs durch die Stadt nie in Frage stand. Wann er zu der Erkenntnis gekommen sei, konnte er nicht beantworten. Dagegen beschuldigte die Bürgermeisterin die LINKE in der Ausschusssitzung Soziales, Bildung, Jugend und Sport, am 02.03.2010, so Melinda Bock, Mitglied im diesem Ausschuss, Die Linken würden die Kita-Erzieherinnen aufwiegeln und die Bürgermeisterin hätte weiter auf ihrer bisherigen Rechtsaufassung beharrt.

Anlagen/Quellen

(1)  Aus der Vorlage: 4-0503/10-11, Kreistag Teltow-Fläming

Folgende Aufgaben gehen an den Kreis zurück (gemäß § 1 Abs. 2 des öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen der Stadt Zossen und dem Landkreis Teltow-Fläming - :

• Feststellung des Rechtsanspruchs von Kindern auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten gem. § 1 Abs. 2 KitaG, einschließlich Bescheiderteilung
• Entscheidung über die Gewährung längerer Betreuungszeiten nach § 1 Abs -. 3 KitaG
• Entscheidung über die Art der Anspruchserfüllung unter Berücksichtigung alternativer bedarfserfüllender Betreuungsangebote i. S. d. §1 Abs. 4 KitaG
• Entscheidung über eine Gewährung des Wunsch- und Wahlrechts gem. § 5 SGB VIII, insbesondere hinsichtlich der Betreuung von Kindern in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung außerhalb der Gemeinde und außerhalb der örtlichen Zuständigkeit des Landkreises
• Vermittlung von geeigneten Tagespflegepersonen i.S.d. § 18 Abs. 1 KitaG und Abschluss von Verträgen zur Tagesbetreuung nach § 18 Abs. 3 KitaG
• Auszahlung der Zuschüsse des Landkreises zu den Kosten des notwendigen pädagogischen Personals, bezogen auf die tatsächlich belegten Plätze gem. § 16 Abs. 2 KitaG an die Träger von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung
• Erstattung der Aufwendungen der Tagespflegepersonen einschließlich der Abgeltung des Erziehungsaufwandes gem. § 18 Abs. 1 KitaG, § 18 Abs. 2 KitaG
• Bezuschussung der anderen alternativen Angebote, die gem. § 1 Abs. 4 KitaG den Rechtsanspruch erfüllen
• Gewährung des Kostenausgleichs bei Betreuung eines Kindes außerhalb des Landkreises an andere Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

(2) MAZ vom 30.01.2010: Kreis kündigt KITA-Vertrag Kommunales Zossens Bürgermeisterin zeigt sich von Entscheidung überrascht

Von Fred Hasselmann
ZOSSEN Der Landkreis Teltow-Fläming hat nach Informationen der MAZ den öffentlich-rechtlichen KITA-Vertrag mit der Stadt Zossen gekündigt. Der Kreis will ab Montag alle Aufgaben zur Durchführung des KITAgesetzes wieder selbst wahrnehmen.
Bereits im nichtöffentlichen Teil der Kreisausschusssitzung am Montag soll Landrat Peer Giesecke (SPD) über die Entscheidung informiert haben, am Donnerstag hatte es die Stadtverwaltung dann schriftlich. Kurz und knapp wird Bürgermeisterin Michaela SCHREIBER (Plan B) von Giesecke mitgeteilt, dass der Kreis von seinem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch macht und den Vertrag zum 31. Januar kündigt.Die Zossener Rathauschefin zeigte sich überrascht. Zwar hatte sie damit gerechnet, dass der Landkreis nach dem monatelangen Hickhack um die Verträge mit den Tagesmüttern Konsequenzen zieht – in diesem Punkt räumt sie Fehler ein –, dass aber der gesamte Vertrag in Frage gestellt wird, ist für sie unverständlich.
In der Vergangenheit habe es keine Hinweise aus der Kreisverwaltung gegeben, dass man mit der Aufgabenerfüllung der Vertragspflichten in Bezug auf Kindertagesstätten unzufrieden sei. SCHREIBER sieht deshalb „mit absoluter Sicherheit“ weder für eine ordentliche, noch eine außerordentliche Kündigung einen Grund. „Ich weiß nicht, ob sich Herr Giesecke über das Ausmaß der Konsequenzen im Klaren ist“, sagte SCHREIBER. Denn laut Kündigung wäre der Landkreis ab dem 1. Februar Arbeitgeber aller 122 KITA-Erzieherinnen und des gesamten technischen Personals. Sie würden dann ihr Geld nicht mehr von der Stadt Zossen, sondern vom Landkreis erhalten.
Damit nicht genug. Laut SCHREIBER hätte der Landkreis dann auch die Kosten für die bauliche Unterhaltung der 14 KITA-Einrichtungen der Stadt sowie für Spiel- und Beschäftigungsmaterial zu tragen. Und auch die Finanzierung des von der Stadt für 2,3 Millionen Euro geplanten Baus der KITA in Wünsdorf müsste überdacht werden. Im Jahr 2005 hatte der Landkreis – er ist laut Gesetz Träger der öffentlichen Jugendhilfe und muss die Kindertagesbetreuung gewährleisten – diese Aufgabe einvernehmlich in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag an die Stadt Zossen (wie auch an andere kreisangehörige Gemeinden) abgetreten. Dafür erhielt die Stadt bislang jährlich rund zwei Millionen Euro. Weder Landrat noch Amtsleiterin in der Kreisverwaltung waren gestern für eine Stellungnahme zu erreichen.